Ich bin dick, aber bin ich deshalb anders?
Wer
kennt das nicht? Man geht über die Straße, durch eine scheinbar perfekte Welt.
Die Menschen um einen herum, starren dich an, tuscheln, weil das Eis in deinen
Fingern deine Lippen benetzt und der süße Geschmack dich für einen Moment
glücklich macht. Danach vernimmst du ihre Beleidigungen, die sie gewollt laut
genug formulieren, um dich inne halten zu sehen und dein Zögern zu bewerten.
„Die
frisst sicher immer Eis, deshalb ist sie auch so fett“, schimpfen sie und
mischen sich in dein Leben ein, obwohl sie nicht das Geringste damit zu tun
haben. Verschämt ziehst du dich aus der Welt zurück, beginnst dein Eis zu Hause
zu konsumieren, still und einsam, damit es keiner sieht. Du fragst dich, wie
dich die Menschen einfach abstempeln können, ohne den Grund für dein
Übergewicht zu kennen oder dich als Person überhaupt wahrzunehmen.
Unsere
Gesellschaft ist nicht bereit, für Menschen die anders sind. Wir sind
besonders, durch unsere Eigenschaften, unsere Talente, unser Aussehen. Passen
wir uns nicht an die verkorksten Schönheitsideale an, müssen wir unter dem Zorn
der Anderen leiden, denn ein Schwimmen gegen den Strom ist in der heutigen Zeit
verboten.
Der
Streit und somit der Kampf ums Überleben beginnt bereits in der Schule und
zieht sich durch unser ganzes Leben. Wer glaubt dem Mobbing nach der Schulzeit
endlich entkommen zu sein und aufatmet, sollte sich hüten, denn auch die Suche
nach einer Arbeitsstelle fordert mehr als nur Intelligenz und Qualifikation. So
ist es keinesfalls neu, dass hübsche, attraktive Menschen mit einer besseren
Ausstrahlung, eher ausgewählt werden, als das schüchterne Mauerblümchen, das
zurückhaltend seine schwarze Brille hin und her schiebt. Man könnte es
tatsächlich einen Fluch schimpfen, dass die Menschen uns nicht so betrachten
wie wir sind, sondern so wie uns die Natur geschaffen hat. Das Aussehen wird
über die Moral gestellt, über das Herz, über den Verstand. Die Medien
beeinflussen uns genau in diese Richtung, indem sie uns die Schönheitsideale
von Magermodels und TV – Stars anpreisen. Aber warum tun wir uns selbst diesen
Stress an? Wieso gibt es nicht einen solchen Spiegel, der die innere Schönheit
zeigt und das Äußere verblassen lässt? Hat Jack Black in dem Film „Schwer
Verliebt“ uns denn wirklich nichts mit auf den Weg gegeben, oder wollen wir es
uns nicht eingestehen, dass auch dicke Menschen ein Herz haben? Wie diese Leute
unter dem Druck der Gesellschaft leiden und unter den Mobbingattacken der Klassenkameraden
zerbrechen, scheint uns nicht zu beschäftigen. Das sie sich auf Arbeit quälen,
wenn man sie doch anders betrachtet, als sie wirklich sind. Keinen
interessieren ihre Gefühle, man tritt kräftig nach, wenn sie man Boden liegen,
denn mit den zusätzlichen Pfunden, schaffen sie es ja doch nicht, sich von
allein aufzurichten.
Würdet
ihr also auf der Erde liegen, von Trauer überwältigt, würdet ihr euch nicht
nach einer helfenden Hand sehnen? Einem Menschen, der in euch das erkennt, was
ihr seid, euch so behandelt, wie ihr es verdient. Die meisten dicken Menschen
sind gesellig, ruhig und freundlich. Sie lieben Kinder, Tiere, Kochen und den
winzigen Raum, in dem sie sich einschließen, um der Gesellschaft zu entkommen.
Durch eure Ignoranz für das Offensichtliche verschlimmert ihr nur ihre
Situation. Statt dass ihr diese Menschen unterstützt, ihnen den Alltag
erleichtert und sie gleich behandelt, drängt ihr sie zurück. Wie kann ein
Mensch abnehmen, wenn er sich vor euch verstecken muss? Wie, wenn er sogar
Schuldgefühle bekommt, weil er sich im Monat ein einziges Eis gönnt, während
schlanke Menschen jeden Tag eines verzehren? Wie, wenn ihr ihn mit euren vorwurfsvollen
Blicken durchbohrt?
Es
ist wie es ist. Dicke Menschen werden wie Aussätzige behandelt und müssen
leiden. Die Entwicklung der Menschheit scheint noch lange nicht dort angekommen
zu sein, wo Gleichheit tatsächlich als Lebensweisheit gilt! Scheinbar kennen
viele deren Bedeutung nicht und verhalten sich dementsprechend unwissend.
Versucht
euch in eine solche Person hineinzuversetzen, sprecht sie freundlich an. Macht
ihr Mut, drängt sie nicht zurück oder beleidigt sie! Mit etwas Hilfe durch ein
paar wenige Menschen, die offen durch ihr Leben schreiten, könntet ihr einer
Person helfen alles zu verändern. Ihr könnt deren Antrieb sein, sie
unterstützen. Greift ihr freundlich unter die Arme, wenn sie es zulässt und
nötigt sie zu nichts, was sie nicht von selbst tun möchte. Starrt die Dicken
nicht an, als wären sie ein Schimpanse im Zoo, der sich an einer Banane
vergreift! Auch sie haben Gelüste. Auch ihnen verlangt es einmal nach einer
süßen Sünde, einem ordentlichen Mittag. Ich persönlich finde es eine Lüge, wenn
ich eine dicke Person in einem Restaurant mit nichts weiter als einem
Kindersalat sitzen sehe. Dann kann man förmlich spüren, wie unzufrieden er oder
sie ist. Aber die Gesellschaft erweckt gerade dieses Scheinbild: Wenn ich mich
mit Salat präsentiere, lassen sie mich vielleicht in Ruhe. Aber auch nur
vielleicht.
Ich
spreche dieses Thema an, weil ich eine Gleichgesinnte bin. Seit Jahren kämpfe
ich mit meinem Gewicht. Ich habe bereits eine 6 wöchige Kur, mehrere Diäten und
Fitnessaufenthalte hinter mir. Nichts hat langfristig geholfen. Der Jojo Effekt
brachte Hass und Wut mit sich, die man in Trauer ertränkte. Ich bin weiß Gott
kein Vielfraß, der sich an jeder Pizza und jedem Muffin vergreift, der mir in
die Hände fällt. Im Gegenteil, meine Ernährung ist nicht mein Problem, es ist
die Bewegung. Durch das Stundenlange Sitzen in der Schule / in der Uni hat man
keine Zeit sich zu betätigen. Man muss Einkaufen, den Haushalt schmeißen und
Freunden und den Hobbies nachkommen. Der Frust ist natürlich groß, wenn die
Wage sich zum negativen verändert und man sie irgendwann meidet wie einen
Erzfeind. Mit Metabolic habe ich es geschafft 15 Kilo abzunehmen. Allerdings
war das in einer Zeit, wo ich regelmäßig 2-3 Mal die Woche Sport gemacht habe.
Mittlerweile sind die Pfunde an ihre Lieblingsstellen zurückgekehrt und wie
wäre es anders, der Sommer steht erneut vor der Tür. Die Badesaison beginnt in
einem Monat und bereits jetzt habe ich Komplexe, den Weg bis zu einem Freibad
in Angriff zu nehmen. Ich ertrage die Blicke der Badegäste nicht, der
Jugendlichen und der Frauen. Ich bin kein Stück Fleisch und kein Tier, ich bin
ein Mensch mit Gefühlen!
Ich
verlange nicht viel und habe auch keine großen Wünsche. Ich bitte euch, nur um
einige, wenige Dinge:
Lacht
nicht über mich, sondern mit mir.
Sprecht
mich an und motiviert mich, ohne mich zurückzudrängen.
Helft
mir die Hürde des Sportes zu meistern und streut keine Zweifel.
Lernt
mich kennen und stempelt mich nicht als eine Fremde, unbeliebte, dicke Person
ab!
Vielen Dank fürs Zuhören.